Bis 2030 sollen laut Bundesregierung 15 Millionen reine E-Autos auf Deutschlands Straßen fahren. Doch private Autobesitzer steigen nur sehr zögerlich um, wie eine Kfz-Versicherungsauswertung zeigt.
Beim Autokauf steigt nach Berechnungen der HUK Coburg nur eine kleine Minderheit der deutschen Bevölkerung auf reine Elektroautos um. Im dritten Quartal dieses Jahres haben sich demnach nur 3,9 Prozent der privaten Autobesitzer bei der Anschaffung eines Wagens – neu oder gebraucht – für ein Elektroauto entschieden, wie das Unternehmen für sein erstmals veröffentlichtes „E-Barometer“ berechnet hat. Der Anteil von Batterieautos am privaten Fahrzeugbestand ist demnach von Juli bis September nur um 0,1 Prozent gestiegen und lag bei insgesamt 2,9 Prozent.
Analyse der privaten Autoanmeldungen
Die HUK ist mit knapp 14 Millionen versicherten Fahrzeugen Marktführer bei den Kfz-Versicherungen in Deutschland, jährlich meldet eine sechsstellige Zahl von Autofahrern ein anderes Fahrzeug an. Dieser unternehmenseigene Datenbestand war Grundlage der Berechnungen. Das Unternehmen hat die Elektroauto-Quote im privaten Fahrzeugbestand rückwirkend für alle Quartale bis Anfang 2020 berechnet. Demnach ist die Umstiegsquote in diesem Jahr nach Streichung der Kaufprämie durch die Bundesregierung trotz größerer E-Auto-Modellpalette und technischer Verbesserungen auf das Niveau des Jahres 2021 zurückgefallen.
Anders als das Kraftfahrtbundesamt in seinen Neuzulassungsstatistiken hat das Unternehmen für sein „E-Barometer“ ausschließlich das Anschaffungsverhalten der privaten Autobesitzer – inklusive Gebrauchtwagen – analysiert, und Firmenautos außen vor gelassen. „Wir wollen mit diesem Instrument die Akzeptanz und Umstiegsgeschwindigkeit auf Elektroautos in der deutschen Privatbevölkerung umfassend messbar machen und Entwicklungen darstellen“, sagte HUK-Vorstand Jörg Rheinländer.
Teilweise Rückwärtsbewegung zu Benzin und Diesel
In diesem Jahr könnte der Elektroauto-Anteil laut HUK bundesweit so langsam wachsen wie seit vier Jahren nicht mehr. Darüber hinaus gibt es der Auswertung zufolge zumindest eine teilweise Rückwärtsbewegung: In diesem Jahr hat sich demnach gut ein Drittel bisheriger E-Auto-Fahrer bei der Anschaffung eines anderen Wagens wieder für den Verbrennungsmotor entschieden.
Nach Bundesländern betrachtet gibt es den Angaben zufolge ebenfalls deutliche Unterschiede: Am höchsten ist der E-Auto-Anteil demnach mit 3,4 Prozent in Bayern, am Ende der Tabelle lagen Sachsen und Sachsen-Anhalt mit jeweils 1,5 Prozent.
Politisches Ziel in weiter Ferne
Das Unternehmen wirft daher die Frage auf, ob es sich um ein „grundlegendes Akzeptanzproblem“ handeln könnte. Höher ist der Anteil der E-Auto-Befürworter in einer begleitenden repräsentativen Yougov-Umfrage mit 4.147 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Dabei sagten 17 Prozent, dass sie in den kommenden zwei Jahren vom Verbrenner- zum Elektromotor wechseln wollten. Doch auch wenn die Betreffenden diese Absicht sämtlich umsetzen sollten, würde laut HUK-Berechnung das von der Bundesregierung für das Jahr 2030 ausgegebene Ziel von 15 Millionen reinen E-Autos auf deutschen Straßen verfehlt.
Diese Einschätzung deckt sich mit einer Prognose, die die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und die Nichtregierungsorganisation Agora Verkehrswende Ende Juli veröffentlicht hatten. Demnach würde das Ziel von 15 Millionen E-Autos bei Fortschreibung des derzeitigen Trends um sechs Millionen Fahrzeuge unterschritten werden. Die von der EU-Kommission verhängten Strafzölle auf aus China importierte E-Autos könnten nach Einschätzung der meisten Fachleute einen weiteren Dämpfer bedeuten.