Die islamfeindliche Pegida-Bewegung hat sich schon lange totgelaufen. Nun verkündet Anführer Lutz Bachmann den letzten Protest auf der Straße – 10 Jahre nach Gründung und zunehmender Radikalisierung.
Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer betrachtet das von der Pegida-Bewegung angekündigte Ende der Straßenproteste als überfällige Entscheidung. „Die Anliegen, die Pegida ursprünglich thematisiert oder über die Zeit in radikalisierter Form vorgetragen hat, sind von anderen politischen Kräften wie der AfD, den rechtsextremen Freien Sachsen oder der Identitären Bewegung aufgenommen und zum Teil verstärkt worden“, sagte der Professor der Deutschen Presse-Agentur.
Verfassungsschutz stuft Pegida als extremistisch ein
Pegida entstand im Oktober 2014 und steht für Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. 2015 und 2016 brachte die Gruppierung an ihrem Entstehungsort Dresden Tausende Menschen auf die Straße. Anderswo fiel der Zuspruch weit geringer aus. 2021 stufte der Verfassungsschutz Pegida als extremistische Bewegung ein. Pegida-Chef Lutz Bachmann – mehrfach vorbestraft – wurde von den Verfassungsschützern zu diesem Zeitpunkt schon als Rechtsextremist bezeichnet.
Pegida-Chef zieht Reißleine aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen
Am vergangenen Wochenende hatte Bachmann in einem Video auf dem Messenger-Dienst Telegram den letzten Pegida-Protest auf der Straße für diesen Sonntag angekündigt – es ist der 10. Geburtstag der Bewegung. Aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen müsse man die Reißleine ziehen. Es brauche neue Ideen, Macher und Gesichter, sagte Bachmann. Man habe aber neue Formate entwickelt, die zeitnah an den Start gehen würden, etwa ein Podcast oder Beiträge in Radio und Fernsehen. Entsprechende Verhandlungen liefen noch.
Wissenschaftler Vorländer sagte: „Pegida hat den Diskurs verschoben, zur Radikalisierung, Enthemmung und Verrohung beigetragen und letztlich auch zu einer neuen Ost-West-Konfrontation in Deutschland. In verschiedener Hinsicht hat Pegida vieles angestoßen, was von anderen aufgenommen, verstärkt und radikalisiert worden ist.“ Der Verlauf der Migrationskrise habe Pegida genau wie der AfD einen zweiten Atem gegeben und der Gruppe ab Herbst 2015 und 2016 noch einmal einen Aufschwung beschert.
Politologe: Pegida hat auch Welle von Gegenprotesten ausgelöst
Vorländer erinnerte daran, dass Pegida aber auch eine starke Welle von Gegenprotesten auslöste. Auch da habe es zum Teil Massendemonstrationen gegeben. „Pegida ist nicht nur ein Auslöser für Protestaktionen im Bereich der Rechtspopulisten und Rechtsextremen gewesen, sondern auch für Demonstranten auf der anderen Seite der Zivilgesellschaft.“ Der Wissenschaftler hatte schon früher in Pegida so etwas wie einen Stammtisch auf der Straße gesehen und die Gruppe als eindeutig rechte Bewegung entlarvt.
Tatsächlich wurde Pegida zu einer Bühne für Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland. Selbst der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders sprach in Dresden. Auch Redner der AfD wie der Thüringer Landeschef Björn Höcke waren wiederholt zu Gast.
Nach 2016 nahm der Zuspruch für die Bewegung immer mehr ab, zuletzt war Pegida weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Bis Anfang 2020 gab es insgesamt 200 Kundgebungen, in den folgenden viereinhalb Jahren noch 49. Jetzt soll mit der Nummer 250 Schluss sein.