Die Eltern sollen den Ruhestand genießen, aber was, wenn sie es übertreiben? Und mit ihrem Wohlleben das gesamte Vermögen aufzehren, fragt eine 34-jährige Autorin.
Der Text einer anonymen Autorin elektrisiert das Netz. „Mein Erbe wird in der Karibik mit einem Strohhalm aus einer Kokosnuss vertrunken“, lautete ihre Klage. Sie schilderte voller Witz, wie ihre Eltern im Pensionsalter begonnen hatten zu reisen. Zuerst war die Tochter von Selbstbewusstsein und Wagemut der Alten begeistert. Bis sie bemerkte, dass die ausgiebigen und immer teureren Reisen nicht aus der Portokasse finanziert werden, sondern an der Substanz zehren. „My inheritance is being drunk through a straw in a coconut in the Caribbean!“
Auf ihren bangen Einwand, ob es denn wirklich eine Villa mit Pool für zwei Personen sein müsse, schleuderte ihr die Mutter ein munteres „YOLO!“ entgegen: You Only Live Once, einst der Schlachtruf der Jungen, wird nun zum Motto der Alten. Ein Menetekel mit tiefgreifenden Folgen. „Es ist nicht angenehm, so etwas zuzugeben, aber Tatsache ist, dass ihre Traumferien mein Erbe aufzehren.“
YOLO für die Alten
Mit dem Erbe wurde fest gerechnet. Denn die Autorin – 34, mittellos, Studienschulden – hatte insgeheim auf einen großzügigen Generationentransfer gehofft, um irgendwann doch noch zu einer Immobilie zu kommen. Dann wäre sie auch in der Lage, den Eltern Enkel zu schenken, jammert sie. Dieses Paradies von Haus und Kindern rückt in weite Ferne. Schon fünf Jahre ziehen die alten Herrschaften um den Globus. Sie hatten zugesagt, das Erbe gerecht zwischen den zwei Schwestern aufzuteilen, darauf verließ sich das Töchterchen.
Doch allmählich schwant ihr, dass der Kuchen, der zur Verteilung kommt, bereits zu einem Schokoriegel geschrumpft ist. Die Autorin steht damit wohl nicht allein. Die Vermögensverwalter von Moneyfarm fanden laut einer Studie heraus, dass 40 Prozent der befragten Nachkommen zwischen 35 und 50 fürchten, dass ihre Eltern das Vermögen lieber verjuxen, anstatt es zu vererben. Bei 20 Prozent gab es bereits Auseinandersetzungen zu diesem Thema.
Bei der Autorin nagt nicht allein die Reisefreude am Vermögen. Sie kann sich nicht einmal einen Führerschein leisten, klagt sie, während die Eltern, die kaum daheim sind, sich alle paar Jahre ein neues Auto spendieren. Der Händler liebt die Alten so sehr, dass nach dem Kauf ein Blumenbukett geliefert wird.
Vermögensaufbau für Millennials wird schwieriger
Das Netz gießt Kübel voller Häme über der 34-Jährigen aus, die in weiser Voraussicht ihren Namen nicht bekanntgab. Das ist voreilig, denn der Text ist subtil und benennt durchaus die Schwächen ihrer Position. Doch das Stück ist weit mehr als ein Witz. Die nachwachsende Generation muss heute erkennen, dass ein Vermögensaufbau aus eigener Kraft immer schwieriger wird. Das liegt an stagnierenden Löhnen, dem Arbeitsmarkt, den Kosten der Ausbildung, aber auch dem ausgeprägten Konsumverhalten. Die Studie von Moneyfarm zeigt, dass Millennials ärmer sein werden als frühere Generationen, weil die Immobilienpreise das Lohnwachstum übersteigen.
Die wirklich Armen konnten noch nie ein substanzielles Vermögen vererben. Hier geht es um die Mittelschicht. Sie hat in der Nachkriegszeit große Werte angehäuft, vor allem in den Ländern, in denen es einen großen Anteil an selbstgenutzten Immobilien gibt. Was aber, wenn die Boomer kollektiv vom alten Generationenvertrag Abstand nehmen? Die Kriegsgeneration blieb auch im Alter sparsam und ließ sich vom Mantra „Den Kindern soll es einmal besser gehen“ leiten.
Die Boomer hingegen waren nie eine Generation des Verzichts, wenn sie so altern, wie sie gelebt haben, wird die Autorin nicht allein bleiben und die Nachwachsenden werden mit dem auskommen müssen, was sie selbst zusammentragen können. Chris Rudden von Moneyfarm warnt: „Wenn Millennials langfristig finanziell erfolgreich sein wollen, ist es entscheidend, dass sie ihre Zukunft planen. Nur für den Fall, dass sie nicht so viel erben, wie sie erwarten.“
Quelle: „Daily Mail„